Gemeinsame Fachtagung von MIK und MIL

Hochschule der Polizei, Oranienburg

Grußworte

Die Fachtagung „Verkehrssicherheit – Kommunen in Bewegung: Impulse für die Verkehrssicherheitsarbeit vor Ort“ wurde mit drei Grußworten eröffnet: Prof. Dr. Heike Wagner, (Präsidentin der Hochschule der Polizei des Landes Brandenburg), Frank Stolper (Staatssekretär im Ministerium des Innern und für Kommunales) sowie Dr. Ina Bartmann (Staatssekretärin im Ministerium für Infrastruktur und Landesplanung) begrüßten die Teilnehmenden und gaben den offiziellen Auftakt zur Veranstaltung.

Bewährtes nutzen, Wirkung erhöhen, gemeinsam vorankommen – Unterstützungsangebote für die kommunale Verkehrssicherheitsarbeit

Alexander Moser-Haas (DVR) zeigte, wie Kommunen mit erprobten Kampagnen und leicht einsetzbaren Materialien ihre Verkehrssicherheitsarbeit stärken können. Vorgestellt wurde unter anderem die Aktion „Runter vom Gas“ mit Plakaten zur Aufstellung an Landstraßen. Die Produktion und der Versand an die Kommunen erfolgen durch den DVR. Zudem könnten diverse Materialien und Multimediasäulen für Veranstaltungen sowie digitale und analoge Materialien zu unterschiedlichen Themen bestellt werden. Herr Moser-Haas wies darüber hinaus auf die Materialien zur aktuellen Schwerpunktaktion „Sichere Radfahrmobilität“, die Jugendaktion „Safe Way“ zur Sensibilisierung für Gefährdungen auf Schulwegen und Wegen zu Ausbildungsbetrieben sowie die App „German Road Safety“ und das Pixibuch „Tobi fährt zu Oma und Opa“ hin.

Zusätzlich stellte Herr Moser-Haas verschiedene Präventionsprojekte für Kommunen vor: zum Beispiel das Programm „Kind und Verkehr“, in dessen Rahmen Verkehrssicherheitsveranstaltungen mit Eltern und Kindern durchgeführt werden und das Angebot „sicher mobil“ für Personen ab 65. Darüber hinaus werden (zum großen Teil kostenlos) Praxishilfen und Handbücher, Präsenzveranstaltungen, Online-Tools und Webinare speziell zur Weiterentwicklung der Verkehrssicherheitsarbeit der Kommunen angeboten.

Mobilitätsbildung und Verkehrserziehung in der Kindertagesbetreuung

Prof. Dr. Dietmar Sturzbecher (IFK) erklärte, warum Mobilitätsbildung und Verkehrserziehung in Kitas systematisch gestärkt werden müssen: In Deutschland wird alle 24 Minuten ein Kind bei einem Verkehrsunfall verletzt oder getötet; etwa die Hälfte der Unfälle ist auf kindliches Fehlverhalten zurückzuführen. Parallel führen Veränderungen des Verkehrsraums, die Digitalisierung und die Fahrzeugentwicklungen zu einer veränderten Mobilität, sodass auch die bestehenden Präventionsangebote angepasst werden müssen. Bildungseinrichtungen wie Kitas eignen sich besonders gut als Orte der Prävention. Kinder, Eltern und Großeltern sind hier gut erreichbar und Städte und Gemeinde können – aufgrund ihrer kommunalen Selbstverwaltung und ihrem Auftrag zur Daseinsvorsorge – als zentrale Träger der Verkehrssicherheitsarbeit agieren.

Anschließend erläuterte Prof. Dr. Sturzbecher das Projekt „KitaMoVe“. Im Rahmen des Projekts wurde unter anderem ein Fort- und Weiterbildungskurs für pädagogische Fachkräfte in der Kindertagesbetreuung sowie für Akteurinnen und Akteure der Verkehrssicherheitsarbeit entwickelt und wissenschaftlich erprobt. Der resultierende Kurs besteht aus 100 Stunden mit E-Learning-, Präsenz- und Exkursionsanteilen. Darüber hinaus stellte Prof. Dr. Sturzbecher die kommunale Arbeitsgemeinschaft „Kompetenzzentrum Träger-Qualität“ (KAG KTQ) vor, die ein Praxisunterstützungssystem für die Kitaverwaltungen der Städte und Gemeinden anbietet (z. B. Fortbildungen, Dokumentensammlungen, Qualitätsstandards, Befragungssystem, Trägerberatung).

Folien zum Download

02-IFK-KitaMoVe-KTQ.pdf (1,2 MiB)

Sicherheitsaudits von Straßen

Ralf Baumann (Schüßler-Plan) erläuterte, dass Unfälle auf eine oder mehrere von drei verschiedenen Ursachen zurückgeführt werden können: Fahrfehler durch Regelüberschreitungen, Fahrfehler durch Unerfahrenheit und Defizite im System „Fahrer – Fahrzeug – Straße“. Sicherheitsaudits werden mit dem Ziel durchgeführt, Defizite aufzuzeigen, die an der Schnittstelle zwischen „Fahrer“ und „Straße“ bestehen. Zum einen werden Planungsaudits realisiert, um Straßen bei ihrem Neu-, Um- oder Ausbau so zu gestalten, dass sie für alle Verkehrsteilnehmende so sicher wie möglich sind. Zum anderen werden sowohl reaktiv als auch präventiv Bestandsaudits zur Defizitermittlung durchgeführt.

Aus der Praxis berichtete Herr Baumann, dass zum Beispiel mangelhafte Markierungen und Beschilderungen sowie fehlende Querungshilfen für zu Fuß Gehende und Radfahrende problematisch sein können. Er visualisierte an verschiedenen Realbeispielen, welche gestalterischen Defizite auf Straßen bzw. für die Verkehrsteilnehmenden bestehen und mit welchen Maßnahmen diese behoben oder zumindest verbessert werden können (z. B. Verringerung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit auf 30 km/h, Entfernung von Sichthindernissen).

Folien zum Download

03-Baumann-Audits.pdf (6,3 MiB)

Strategien zur Verbesserung der Verkehrssicherheit in der Region

Andreas Much (Landkreis Prignitz) skizzierte die Ausgangslage und den Handlungsbedarf in einem weitläufigen Flächenlandkreis mit 75.672 Einwohnerinnen und Einwohnern: Der motorisierte Individualverkehr überwiegt deutlich, während der öffentliche Personennahverkehr eher eine untergeordnete Rolle spielt. Die zwischen den Jahren 2021 und 2024 identifizierten Unfallursachen zeigen deutliche Schwerpunkte auf: Wildunfälle dominierten (66,81 %), gefolgt von Geschwindigkeit (13,48 %) und Vorfahrt/Vorrang (7,03 %). 38 % aller Unfälle entfielen auf die Städte Wittenberge, Perleberg und Pritzwalk.

Der Landkreis Prignitz hat zusammen der Polizei des Landes Brandenburg, der Straßenverkehrsbehörde und der Kreisverkehrswacht des Landkreises sowie des Landesbetriebs für Straßenwesen Brandenburg ein Verkehrssicherheitskonzept erstellt, das erstmalig im Jahr 2025 evaluiert wurde. Leitlinien des Konzepts sind eine flächendeckende Verkehrsüberwachung, eine sichere Verkehrsraumgestaltung (inkl. der Untersuchung und Beseitigung von Unfallhäufungsstellen), die Verkehrssicherheitsaufklärung/-erziehung und die Durchführung von Öffentlichkeitsarbeit zur Erhöhung der Wahrnehmung der Verkehrssicherheitsarbeit.

Initiativen zur praxisnahen Verkehrssicherheitsarbeit in der Kommune

Daniela Kuzu (Neuruppin) beleuchtete in ihrem Vortrag wie Kommunen gemeinsam mit lokalen Partnerinnen und Partnern wirksame Akzente setzen können.  Sie betonte, dass sich die Kommune bewusst dafür einsetzen muss, sich um das Thema „Verkehrssicherheit“ zu kümmern. Es bedarf Kooperationspartnerinnen und -partner vor Ort (z. B. Präventionsteams der Polizei, THW, Fahrradläden) und die Bereitschaft, bestimmte Veranstaltungsformate dauerhaft zu etablieren. Neuruppin verfügt über einen Verkehrsgarten, es werden Roller- und Fahrradmeisterschaften sowie ein Verkehrssicherheitstag durchgeführt. Fast die gesamte Innenstadt ist als 30er-Zone oder als Spielstraße ausgewiesen. Zukünftig sollen weitere Verkehrssicherheitsmaßnahmen folgen (z. B. Ausweitung der Verkehrssicherheitstage auf Schulen und Seniorinnen und Senioren).